Vortrag "Teambildung in flexiblen Einheiten" mit Raoul Korner

Sein Thema: Was kann die Wirtschaft vom Sport lernen, wenn es um "Teambuilding in flexiblen Einheiten" geht? 
Sein Teambuilding hat zwei Jahre lang bestens funktioniert. In den vergangenen beiden Spielzeiten hat sein Team "overperformed", wie es im Sportler-Englisch heißt, sprich: die Erwartungen deutlich übertroffen. Doch selbst auf dieser Erfolgswelle gibt es Durchhänger, die deutliche Worte verlangen wie das eingangs zitierte. "Wir haben wirklich beschissen gespielt", sagte Korner bei der Kabinenansprache in einer regelrechten Wutrede nach halber Spielzeit beim 35:47-Rückstand seines Teams in der Partie gegen Oldenburg. Am Ende siegte Bayreuth mit 80:71.
Gezielt eingesetzt, hat eine solche Methode offenkundig Wirkung, wie ein zweites Beispiel belegt: Zwei Mal unterlag Bayreuth innerhalb weniger Tage gegen Berlin. In einem bemerkenswerten Interview fand der Trainer erneut sehr deutliche Worte. Wenig später besiegte Medi zwei Mal das europäische Top-Team Besiktas Istanbul. Gegen Berlin waren seine Mannen in einen Modus zurückgefallen, den der Coach für überwunden gehalten hatte: Die Spieler suchten die Schuld überall, nur nicht bei sich. Sie waren so im Teambuilding-Prozess zurückgefallen.
Dieser vierstufige Prozess lässt sich aus Korners Sicht hervorragend auf die Wirtschaft übertragen. Die Phasen lauten Forming, Storming, Norming, Performing. Das heißt: Abtasten, um Rollen kämpfen, Rollen akzeptieren bei sich und anderen - und am Schluss Kräfte frei etzen. Vor diesen Vorgängen will das Team erst einmal zusammengestellt sein. Auch hierfür hat der Basketball-Coach klare Richtlinien. Er unterscheidet zwischen Arbeitern und Künstlern, Häuptlingen und Indianern, Energiebatterien und Energievampiren. Und im Sport wie in der Wirtschaft gilt es die richtige Balance zu finden.
Ein Team aus Arbeitern ist zuverlässig, braucht aber die Künstler, um Überraschungseffekte zu erreichen. "Nur mit Künstlern wäre ich allerdings selbstmordgefährdet", scherzt Raoul Korner. Zu viele Häuptlinge würden ihn wohl in eine ähnliche Lage bringen. Zu wenige schaffen Probleme, wie sie Medi Bayreuth in der laufenden Saison hat: Es fehlt die Führungsfigur. Die zählt in der Regel auch zu den Energiebatterien, den immer positiven, aktiven Leuten. Zu viele Vampire hingegen fressen die Energie eines Teams nahezu völlig auf.
Ein positives Beispiel für den Kampf um Balance hat der Österreicher in Bayreuth erlebt: Der Kapitän fehlte, weil er für Deutschland spielte. Der beste Mann, ein junger Amerikaner, wollte rasch die Führungsrolle einnehmen. Nachdem der Deutsche zurückgekehrt war, standen beide schon nach wenigen Tagen im Training Nase an Nase und kämpften um die Chefrolle. Er ging mit den beiden Spielern in die Norming-Phase. Sie akzeptierten die Rollen und brachten gemeinsam sich und das Team nach vorne. Dabei müssen allerdings alle mitspielen: Den US-Boy kaufte ein Ligakonkurrent den Bayreuthern ab und zahlte ihm mehr als das doppelte Gehalt. Nach sechs Monaten trennten sich beide. Das Talent musste eine untergeordnete Rolle einnehmen, nahm diese nicht an - und so funktionierte das gesamte Kollektiv nicht mehr.
Ein Trainer - wie auch ein Vorgesetzter in der Wirtschaft - müsse versuchen, mit seinen Mitarbeitern einen Deal zu schließen: Du hilfst uns weiter - und schaust selbst noch besser aus als Du eigentlich bist. So kommen beide zu einem gemeinsamen Ziel. "Team first" lautet die Devise. Zu den Werten dabei zählen Spaß, Disziplin, Respekt. Am Ende steht das viel zitierte "Wir-Gefühl". Eine funktionierende Einheit braucht allerdings trotzdem den Chef, der den Prozess laufend überwacht und die Richtung vorgibt. Korner betont: "Ich bin kein Basisdemokrat." Gleichwohl macht er sich bei Fachleuten und in den sozialen Medien regelmäßig schlau, wenn er neue Spieler sucht. Kein Mann für ihn ist derjenige, der auf der Frage nach der sportlichen Karriere von sich und nicht von "uns" spricht.

Neueste Veranstaltungen
Letzte Neuigkeiten